Wikipedias Gründer Jimmy Wales verteidigt Enzyklopädie gegen Kritik

Jimmy Wales, Mitbegründer von Wikipedia, reagiert auf Vorwürfe linker Schlagseite und spricht offen über Medienkritik, KI-Enzyklopädien und die Zukunft der Plattform.

heute 19:01 Uhr | 23 mal gelesen

„Wer das Wall Street Journal oder den Economist als links sieht, für den ist Wikipedia vermutlich sowieso suspekt“, meinte Jimmy Wales gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit und deutete damit an, dass solche Wahrnehmungen weniger an Wikipedia, sondern mehr am allgemeinen Vertrauensverlust in klassische Medien liegen. Wikipedia, so Wales weiter, streiche keine konservativen Quellen – das Problem sei oftmals die schiere Masse an neuen, schlecht recherchierten und ideologisch gefärbten rechten Portalen, gerade in den USA. Mit künstlicher Intelligenz und Textgeneratoren sieht er eher eine andere Gefahr als bloße Voreingenommenheit: „Innerhalb weniger Minuten lassen sich heute Berge von Text kopieren. Anders als bei unserer Community, die beharrlich und seit Jahrzehnten versucht, Fakten nachprüfbar zu machen.“ Auch die von Elon Musk gestartete KI-Enzyklopädie „Grokipedia“ sieht Wales mit Skepsis. Für ihn bleibe menschliche Sorgfalt, kollektives Wissen und der kritische Blick einer pluralen Community der entscheidende Unterschied – trotz der jüngsten Versuche, Wikipedia finanziell oder ideologisch unter Druck zu setzen. Die angedrohte Aberkennung der Gemeinnützigkeit in den USA betrachtet Wales mittlerweile eher gelassen: „Wir sind finanziell so breit aufgestellt, dass uns selbst Boykottaufrufe kaum aus der Bahn werfen – am Tag von Musks Aktion kamen rund fünf Millionen Dollar an Spenden zusammen.“

Jimmy Wales hält die Vorwürfe, Wikipedia sei links, für unzutreffend, solange seriöse Medien wie WSJ und Economist dort akzeptiert werden. Der Vorwurf beruhe eher auf einer grundsätzlichen Skepsis gegenüber etabliertem Journalismus und weniger auf der Struktur von Wikipedia selbst. Besonders in den USA nimmt er eine Zunahme qualitativ fragwürdiger rechter Medien wahr, während vergleichbare Linksmedien rar sind, was er aber nicht als Aufgabe für Wikipedia sieht. Künstliche Intelligenz und ihre Fähigkeit, massenhaft Inhalte zu erstellen, betrachtet Wales als Risiko für die Qualität und Zuverlässigkeit von Wissen; Projekte wie Grokipedia hält er deshalb für keine ernsthafte Konkurrenz. Die finanzielle Stabilität von Wikipedia sei auch durch politische Angriffe – wie die angedrohte Aberkennung des Gemeinnützigkeitsstatus – nicht gefährdet, betont Wales selbstbewusst. Sichtungen aktueller Berichterstattung zeigen, dass Diskussionen über Neutralität, Einfluss von KI auf das Internet und journalistische Vertrauensverluste gerade im amerikanischen Raum sehr präsent sind. Zusätzliche Hintergründe: In einem aktuellen Beitrag der taz wird der langanhaltende Streit über Bias bei Wikipedia konkret am Beispiel von Wikipedia-Artikeln zur Klima- und Gesundheitspolitik diskutiert. Die Süddeutsche Zeitung beleuchtet den Einfluss von KI-generierten Texten auf Suchmaschinen und Wissensplattformen generell und betrachtet dabei Wikipedia als besonders robust aufgrund seiner Prüfungssysteme. Im Spiegel wird ausführlich analysiert, wie sich durch Social Media und neue News-Aggregatoren das Medienvertrauen und damit die Wahrnehmung von Faktentreue im Netz verschieben.

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