Startschuss in Ilmenau: Musik, Natur und menschliche Sehnsüchte
Am 7. August fällt in Ilmenau der Vorhang (bzw. rauscht der Waldvorhang?) für den MDR-Musiksommer. Chefdirigent Dennis Russell Davies eröffnet mit dem Orchester ein Programm, das aus den Fugen des Alltags führt: Beethovens „Pastorale“ und Wagners „Waldweben“ sind keine bloße Naturmalerei, sondern sowas wie Seelenspiegel. Carlo Lay, ein Cellisten-Newcomer, interpretiert dazu Dvoraks Werke – im Wechselspiel zwischen jugendlicher Frische und musikalischer Tradition.
Magnet Wald – Inspiration, Unruhe, Geheimes
Im Zentrum steht diesmal der Wald als Erlebnisraum und Schaffensquelle – wo Tierlaute, Windgeräusche und der Geruch feuchter Erde Spuren in den Werken vieler Komponisten hinterlassen haben. Auf der Bühne in Benneckenstein kreuzen sich Männerchorgesänge mit Hornquartetten, während der Baumwipfelpfad Hainich Schauplatz eines Wandelkonzerts für Kinder wird: Wer weiß, was so ein Baumkronenblick alles lostritt? Jazzsängerin Emma Smith bringt mit „Let's Swing“ ein bisschen Großstadtpuls ins Naturtheater von Bad Elster. Und auf der altehrwürdigen Wartburg mischt sich die Klangwelt von Tamara Stefanovich und Sophie Rennert mit dem Wind im Thüringer Wald.
Musik erleben – Orte begreifen
Eine Sache, die fast zu perfekt klingt und doch sehr willkommen ist: Die Konzerttickets öffnen auch Türen zu Führungen, Ausstellungen und Naturerlebnissen. Egal ob Wartburg, Kloster Michaelstein, egapark oder Baumwipfelpfad – die Verbindung von Musik und Landschaft verschiebt für etliche Gäste die Perspektive. Manchmal fühlt sich so eine Konzertnacht dann wie Urlaub an, auch wenn man vielleicht auf eigene Faust nicht nach Bad Düben gefahren wäre.
Neugier als Programm: Unerwartete Spielorte & Familientouren
Bad Düben, Blankenburg, die Waldbühne Benneckenstein – neue Namen auf der Landkarte des Festivals. Für Familien gibt's Erlebnisse zum Mitwachsen: Das Wandelkonzert auf dem Baumkronenpfad für Kinder ist Premiere. Und mit Ralph Vaughan Williams‘ „Folk Songs of the Four Seasons“ querte der MDR-Kinderchor musikalisch über Wiesen und Felder – charmant verwoben mit alten Volksliedern. In Hoyerswerda und Meiningen wird das generationsübergreifende Musizieren spürbar und dirigiert von Michael Francis.
MDR-Ensembles und Festivalpotential
Wie gehabt steuern MDR-Sinfonieorchester, MDR-Kinderchor und der MDR-Rundfunkchor das Rückgrat bei. Mendelssohns „Die erste Walpurgisnacht“ und Vivaldis evergreene „Vier Jahreszeiten“ stehen auf der Liste – dargeboten auf Streifzügen von Jena bis Großenhain. Dabei wird genauso auf kleine Formate gesetzt: Streichquartette und Vokalensembles bringen Musik an unerwartete Spielplätze zwischen Blankenburg und Arendsee. Jazziger geht’s mit Emma Smith zu, die das Orchester Richtung Swing zieht.
Saisonabschluss und ein Blick zurück auf einen Waldmusik-Pionier
Die Klammer setzt in Suhl das Finale am 5. September, ungewöhnlich feierlich: Carl Maria von Weber wird mit „Der Freischütz“ geehrt, dazu Hindemiths „Sinfonische Metamorphosen“ – Musik, bei der man den Wald (fast) riechen kann.
Begleitung offline wie online
Wer nicht vor Ort sein kann (oder will, oder darf, oder…): MDR Kultur und MDR Klassik bringen das Festival auf sämtliche Kanäle, Highlights schaffen es auch in die ARD-Mediathek und Audio-Bibliotheken. Der Charterruf: „Drei Länder. Ein Klang“ – und das mit wachsender Experimentierfreude seit 1992. Informationen, Tickets und alles andere Wahnsinnige: www.mdr-musiksommer.de
Der 35. MDR-Musiksommer öffnet 2026 musikalisch und atmosphärisch neue Pfade: Inmitten mitteldeutscher Wälder verschmelzen Konzertgenuss und Naturerfahrung, was die Besucher auf eine multimediale, auch touristische Reise mitnimmt. Besonders auffällig – auch aus aktuellen Berichten größerer Medienhäuser zur deutschen Kulturlandschaft – ist das gesteigerte Interesse an Veranstaltungsformaten, die gezielt Familien, junge Talente, aber auch überregionale Gäste ansprechen und Regionen abseits der klassischen Metropolen miteinander vernetzen. Die pandemiebedingte Erfahrung der letzten Jahre führte zu einer Neubewertung regionaler Festivals als kulturelle Ankerpunkte, was sich 2026 auch an der Ausweitung des Angebots und der starken Einbeziehung von Natur, Mitsingaktionen und medienübergreifender Begleitung zeigt. Erweiternd laut aktuellen Medienberichten: Die Bedeutung von Festivals für die Identitätsbildung in ländlichen Regionen nimmt zu, viele Veranstalter setzen dabei gezielt auf Nachhaltigkeit, regionale Wertschöpfung und innovative Vermittlungsformate. Besonders die Rolle digitaler Angebote wird verstärkt: Neben Livestreams und Mediatheknutzung werden hybride Formate erprobt, die auch weniger mobilen Menschen Festivalatmosphäre ermöglichen. Gleichzeitig wird deutschlandweit diskutiert, wie offene, naturnahe Kulturveranstaltungen zur Stärkung regionaler Attraktivität beitragen können, was sich exemplarisch am MDR-Musiksommer ablesen lässt (siehe taz, Zeit, Perspektive Daily).