Bundeskanzler Merz hinterfragt offenes Bekenntnis zur ‚Staatsräson‘ Israels

Friedrich Merz, CDU, ringt mit der historischen Formel der 'Staatsräson' in Bezug auf Israel – und gibt zu, dass offene Fragen bleiben.

17.10.25 18:09 Uhr | 91 mal gelesen

Merz gab gegenüber der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung' zu: Die vollumfängliche Bedeutung des Begriffs 'Staatsräson' sei für ihn nie klar umrissen gewesen. Er ringe damit, was dieser eigentlich praktisch bedeute – und das nicht erst seit gestern. Trotzdem steht für ihn eines fest: Seine Grundhaltung gegenüber Israel bleibt bestehen. 'Es gibt da diesen unverwechselbaren Kern in unserem Verhältnis zu Israel', so Merz. 'Israels Sicherheit war, ist und bleibt Säule der deutschen Außenpolitik.' Ob diese Maxime immer gleich umgesetzt wird, müsse aber jede Regierung neu prüfen, insbesondere angesichts der Lage im Nahen Osten. Deutschland spiele hier eine besondere Rolle, meint er weiter. Bemerkenswert: Das Land könne auf gute Beziehungen zu beiden Seiten – Israelis wie arabische Staaten – blicken. Neutralität sei das jedoch nicht, stellt Merz klar. Deutschland stehe kompromisslos auf Seiten Israels, sagt er, fast als müsste er sich selbst noch einmal davon überzeugen. Übrigens, 2008 hatte Angela Merkel im Bundestag das Bekenntnis zur Sicherheit Israels als „Teil der deutschen Staatsräson“ in den Mittelpunkt gerückt und damit eine Formel geschaffen, die seitdem im politischen Diskurs herumgeistert.

Friedrich Merz äußert Zweifel an der bislang oft gebrauchten Formel der Staatsräson gegenüber Israel, insbesondere an ihrer praktischen Ausgestaltung. Zugleich betont er, das tiefe und besondere Verhältnis zwischen Deutschland und Israel werde davon nicht erschüttert – die deutsche Verantwortung für die Sicherheit Israels bleibe bestehen. Auffällig ist hier einerseits die Kontinuität zum Kurs, den Angela Merkel geprägt hatte, andererseits spiegelt Merz’ Haltung ein gewisses Unbehagen wider, wie eindeutig oder flexibel politische Grundsätze in Zeiten wandelnder Konflikte angewendet werden sollen. In aktuellen Medienberichten wird diskutiert, ob Deutschlands Solidarität mit Israel angesichts der Lage in Nahost und wachsender Kritik an der israelischen Regierung neu austariert werden muss, wobei Stimmen aus Politik und Zivilgesellschaft unterschiedliche Erwartungen formulieren. Gleichzeitig ist spürbar, dass der öffentliche Austausch über Verantwortung, Wertebindung und sicherheitspolitische Interessen an Brisanz gewonnen hat – nicht zuletzt, weil sich die geopolitische Lage mit dem Gazakrieg verschärft hat und die humanitäre Dimension neue Fragen aufwirft.

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