Manchmal frage ich mich, wie es eigentlich so weit kommen konnte: In einem Land, in dem Taktgefühl oft mit Pünktlichkeit gleichgesetzt wird, bröckeln ausgerechnet die Brücken. Laut Verkehrsministerium werden bis Ende des Jahres lediglich 170 Autobahnbrücken erneuert – das entspricht grob 200.000 Quadratmetern modernisierter Fläche. Ehrlich gesagt, das klingt nach verdammt wenig, besonders wenn man bedenkt, dass frühere Pläne ganz anderes vorgaben. Ursprünglich wollte die Regierung ein Vielfaches schaffen: Jährlich 400 Brücken, damit binnen zehn Jahren die berühmten 4.000 Bauwerke neu entstehen. Doch angesichts des aktuellen Tempos würde das fast zwei Jahrzehnte dauern.
Das Ministerium beruft sich auf den vorläufigen Haushalt und die politische Lage nach dem Ende der Ampelkoalition und den Neuwahlen. Die Folge: Verzögerungen, wenig Überraschung, viel Frust. Besonders dramatisch bleibt es bei Brücken, die länger als 30 Meter sind und auf Spannungsrisskorrosion untersucht werden müssen – ausgerechnet bei diesen ist die Überwachung technisch anspruchsvoll. Die Technik, die hier Abhilfe schaffen soll – das sogenannte Schallemissionsmonitoring –, wird bislang an nur einer Brücke genutzt, für drei weitere ist es immerhin geplant. Kritische Stimmen – besonders von den Grünen – reichen das als Argument für eine Pause bei Neubauprojekten: "Alle Kapazitäten auf den Erhalt!" heißt es, und ich kann verstehen, warum.
Dass fast 150 Brücken aktuell für Schwerlast unbenutzbar sind, klingt beängstigend – aber ehrlich gesagt: Es überrascht mich nicht wirklich. Die Prioritäten in der Infrastrukturpolitik wirken manchmal beliebig verschoben, große Prestigeprojekte wie die Talbrücke Rahmede stehen im Mittelpunkt, während kleinere, aber nicht weniger wichtige Bauwerke warten. Ein bisschen, als würde man regelmäßig das Wohnzimmer neu streichen, aber das Dach einfach durchregnen lassen.
Der Zustand deutscher Autobahnbrücken bleibt prekär: Nur 170 wurden 2024 instand gesetzt, weit unter dem Jahresziel. Politische Unsicherheit und vorläufige Haushaltsführung verzögern zahlreiche Bauvorhaben, während für das kommende Jahr nur eine moderate Steigerung auf etwa 200 Sanierungen erwartet wird. Besonders langgezogene Brücken mit Spannungsrissen bereiten Sorgen – manche sind so instabil, dass sie für schwere Fahrzeuge gesperrt sind. Die Überwachung ist umständlich, nur an wenigen Brücken wird moderne Technik wie Schallemissionsmonitoring eingesetzt. Wichtige Verkehrsachsen wie die Talbrücke Rahmede erhalten zwar Vorrang, kleinere Bauwerke stehen dafür zurück. Die Debatte zwischen notwendigen Neubauten und dem Erhalt bestehender Infrastruktur bleibt emotional – zumal jüngste Brückeneinstürze, wie jener der Carola-Brücke in Dresden 2024, Risiken schmerzlich aufzeigen.
Laut einer aktuellen Recherche der Süddeutschen Zeitung bestehen deutschlandweit weiterhin über 6000 Autobahnbrücken mit Mängeln – ein Ende der Sanierungswelle ist kaum absehbar. Die Debatte um Prioritäten – ob Neu- oder Erhaltungsbau – spitzt sich zu, auch weil EU-Förderungen möglicherweise an Vorgaben geknüpft werden, die einen Fokuswechsel erzwingen. Expert:innen fordern angesichts der brüchigen Infrastruktur ein Umdenken beim gesamten Bau- und Bewilligungsprozess, um mehr Dynamik in die Modernisierung zu bringen.