Sinkende Asylzahlen: Politischer Streit um die Deutungshoheit

Weniger Asylanträge in Deutschland sorgen für hitzige Diskussionen darüber, welcher Regierung das Verdienst dafür gebührt.

heute 07:03 Uhr | 25 mal gelesen

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) gibt sich selbstbewusst und sieht in den rückläufigen Asylzahlen das Resultat seiner Politik. Klare Grenzkontrollen, das Ende vermeintlicher Anreize wie die umstrittene schnelle Einbürgerung und Einschränkungen beim Familiennachzug hätten laut ihm das "migrationspolitische Chaos" beendet. Deutschland sei nicht mehr der große Anziehungspunkt für Migration – soweit Dobrindts Sicht. Doch diese Selbstzuschreibung bleibt nicht unwidersprochen: Wolfgang Schmidt (SPD), einst Kanzleramtschef und eng mit der Ampelregierung verbunden, hält den Erfolg für ein Ergebnis von Maßnahmen unter Bundeskanzler Scholz. Seiner Meinung nach spiegelt die positive Entwicklung den Kurswechsel unter Scholz wider, was sogar interne Prognosen aus April belegten. Im Detail: Die Zahl der Asylgesuche lag nach Statistiken des BAMF bis Mitte Dezember bei 108.000 – etwa halb so viele wie zuvor. Allerdings bleibt unter Fachleuten Skepsis: Der Migrationsexperte Gerald Knaus sieht keine echte Trendwende und weist darauf hin, dass sich die monatlichen Erstanträge zuletzt kaum verändert hätten. Politik und Wirklichkeit – manchmal liegen sie sich näher als man denkt, manchmal auch nicht.

Im Kern steht ein politisches Ringen um Anerkennung: Während der Innenminister die positiven Zahlen als eigenen Verdienst verkauft, pocht die SPD auf die Vorarbeit ihrer Regierungszeit. Tatsächlich gingen laut Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge die Asylerstanträge in diesem Jahr deutlich zurück – bis Mitte Dezember zählte man rund 108.000 Anträge. Migrationsexperten sind sich allerdings einig: Einzelne Regierungsentscheidungen wirken meist zeitverzögert, und nicht zuletzt spielen auch internationale Faktoren wie geopolitische Krisen, Maßnahmen der EU oder veränderte Fluchtwege eine Rolle. Neuere Berichte in den deutschen Leitmedien bestätigen diese Tendenz: Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass etwa der Druck auf Kommunen durch die sinkenden Ankunftszahlen langsam nachlasse, während auf europäischer Ebene über weitere Asylreformen diskutiert wird. Auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex meldete für 2024 einen Rückgang bei registrierten irregulären Grenzübertritten nach Europa. Gleichzeitig bleibt der politische Streit lebhaft, da rechte und konservative Akteure Verschärfungen fordern, während Menschenrechtsorganisationen die Einhaltung europäischer Standards mahnen. (Quellen: taz.de, spiegel.de, sueddeutsche.de)

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